Risikomanagement – Warum es viele nicht mögen und was du dagegen tun kannst

Fabian WalterRisikomanagement6 Kommentare

Risikomanagement

Oft hört man (hinter vorgehaltener Hand), dass Risikomanagement nur Zeitverschwendung sei. Sich mit wahrscheinlich gar nicht eintretenden Ereignissen zu beschäftigen, können sich nur Leute leisten, die nicht genügend zu tun haben.

Leider muss man in der Praxis feststellen, dass sich viele Menschen wirklich nicht gerne mit ihren (Projekt-)Risiken beschäftigen. Und falls sie es doch tun, dann meist einmalig und ohne wirklich viel Lust oder Energie in diesen Prozess zu stecken.

Deshalb haben auch viele (kleinere) Organisationen und Firmen kein Risikomanagement. Wenn es aber doch so etwas in der Art gibt, wird es eher stiefmütterlich behandelt. Meist wird es nur deshalb umgesetzt, weil es so in den Vorgaben steht.

Genau an diesem Punkt wird das Risikomanagement dann aber wirklich zur Zeitverschwendung!

Aber warum ist das so? Warum vergeben so viele Organisationen und Firmen die Möglichkeiten, die aus einem guten Risikomanagement entstehen können? Liegt es daran, wie wir das Wort „Risiko“ verwenden?

 

Warum drücken wir uns gerne um Risikomanagement?

An was denkst du, wenn du das Wort „Risiko“ hörst? Wahrscheinlich an nichts Gutes. In unserem alltäglichen Sprachgebrauch wird “Risiko“ meist nur mit schlechten Ereignissen verbunden. Beispielsweise das Risiko einen Unfall zu haben, im Urlaub krank zu werden oder ähnliches.

Aber genau hier – in dieser Fokussierung auf das Negative – liegt meines Erachtens einer der Hauptgründe, warum wir uns das Risikomanagement so schwer machen.

Der zweite Grund, der unsere Motivation noch mehr schwinden lässt liegt darin, dass das Auftreten eines Risikos immer mit Unsicherheiten verbunden ist. Wäre das Auftreten eines Ereignisses eine Gewissheit, dann würden wir es ja nicht mehr als Risiko einstufen.

Mit dieser Alltagsdefinition eines Risikos als „negatives Ereignis, dessen Auftreten unsicher ist“ wird schnell klar, warum wir uns gerne um das Risikomanagement drücken. Wir beruhigen uns nämlich oft mit Gedanken, wie:

  • Warum sollten wir uns mit etwas Negativem beschäftigen, wenn es doch eventuell gar nicht eintreten wird?
  • Wenn das Risiko dann doch auftritt, wird es hoffentlich nicht so schlimm werden.
  • Außerdem können wir uns ja dann noch darum kümmern.

 

Was ist Risiko? Eine Definition

Für ein professionelles Risikomanagement müssen wir uns aber von dieser Alltagsdefinition lösen. Doch was sollten wir dann als Risiko definieren?

IST JEDE UNSICHERHEIT EIN RISIKO?
Ein Risiko ist auf jeden Fall ein unsicheres Ereignis. Wir wissen nicht ob es wirklich auftreten wird. Sind nun aber im Gegenzug alle Unsicherheiten auch Risiken?
Nein! Wichtig bei einem Risiko ist, dass es in Verbindung zu deinen Zielen steht. Denn einen Stau auf der Autobahn ist natürlich nur für diejenigen ein Risiko, die auf dieser Autobahn unterwegs sind. Erst wenn dich der Stau von deinem Ziel abhalten könnte, wird er zu deinem Risiko.

 

SIND RISIKEN IMMER NEGATIV?
Die nächste Frage ist die nach den Konsequenzen. Wie wir oben gesehen haben, denken wir bei Risiken meist an negative Ereignisse. Das macht auch die Beschäftigung damit so unangenehm!
Aber was, wenn wir unseren Fokus erweitern und unter Risiken auch positive Ereignisse fassen würden? Jedes Risiko birgt nämlich auch die Chance einer positiven Abweichung von deinem Weg und diese gilt es zu nutzen. Das klingt zu Beginn erst einmal seltsam. Bei näherer Betrachtung macht es aber durchaus Sinn.

Gehen wir nochmal zurück zu unserem Beispiel „Stau auf der Autobahn“:
Dein Ziel ist es möglichst schnell und stressfrei von Punkt A nach Punkt B zu kommen. Die Unsicherheit (oder das Risiko) dabei ist nun die Verkehrslage. Wenn du erkennst, dass die Autobahn, die du nutzen willst, sehr wahrscheinlich verstopft sein wird, kannst du schon im Vorfeld nach einer Alternative suchen. Möglicherweise fällt dir dann auf, dass du gar nicht wirklich selbst mit dem Auto fahren musst, sondern dich gemütlich in den Zug setzen kannst. Hierdurch umgehst du nicht nur den (möglichen) Stau sondern kannst sogar noch während der Fahrt auf deinem Laptop arbeiten. Damit wäre Risikomanagement auch Chancenmanagement! Du suchst also auch nach positiven Abweichungen von deinem Weg.

 

In der einschlägigen Projekt- und Risikomanagement-Literatur hat sich diese Sichtweise (zumindest seit Anfang des neuen Jahrtausends) durchgesetzt:

RISIKO-DEFINITION:
Ein Risiko ist “eine Unsicherheit, die – wenn sie auftritt – Auswirkungen auf die Ziele haben wird“.

 

Der Trick: Risikomanagement ist auch Chancenmanagement

Du fragst dich vielleicht, was dir diese Definition, die auch positive Risiken mit einschließt, bringen soll? Die meisten deiner „wirklichen“ Risiken bleiben doch auf der negativen Seite.

Möglicherweise ist das aber auch nur deshalb so, weil man findet was man sucht. Denn schon Sophokles wusste vor über 2000 Jahren:

„Was man sucht – es läßt sich finden, was man unbeachtet läßt – entflieht!“ – Sophokles
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Wenn du bei Risiken also nicht ausschließlich an negative Ereignisse denkst, findest du womöglich viele positive Risiken (oder Chancen), die ebenfalls beachtet (und dadurch erst erreichbar gemacht) werden wollen…

Wenn du in Zukunft also dein Risikomanagement als Chancenmanagement betrachtest, und:

  • nicht nur das Eintreten von negativen Situationen unwahrscheinlicher machst, sondern auch
  • positive Situationen erreichbar machst, weil du aktiv darauf hinarbeitest, dass ihre Eintrittswahrscheinlichkeit steigt,

dann wird die Arbeit mit Risiken gleich viel mehr Spaß machen (und natürlich auch Erfolg brigen)!

 

Fazit:

Ein Risiko ist “eine Unsicherheit, die – wenn sie auftritt – Auswirkungen auf die Ziele haben wird“.

  • Damit sind Risiken direkt mit unserer Zielerreichung verknüpft und
  • Risikomanagement sollte ein integraler Bestandteil unseres Projektmanagements sein.

Wenn wir uns nur auf negative Risiken beschränken:

  • machen wir uns das Leben selbst schwer und
  • lassen viele Chancen ungenutzt verstreichen.

Gutes Risikomanagement dreht sich nicht nur um die Abschwächung (oder Verstärkung) der negativen (oder positiven) Auswirkungen, sondern versucht vor allem die Eintrittswahrscheinlichkeit von negativen Auswirkungen zu minimieren und diejenige von positiven Auswirkungen zu maximieren. Damit fokussiert sich Risikomanagement auf proaktives Handeln zur besseren Zielerreichung!

Bildquelle (Titelbild): Morguefile.com – davidpwhelan (https://www.ofaolain.com)


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6 Kommentare zu “Risikomanagement – Warum es viele nicht mögen und was du dagegen tun kannst”

  1. Sven

    Hallo Fabian,

    die Idee, die Risiken als Chancenmanagement zu sehen finde ich witzig. Das habe ich so noch nie gesehen.

    Was ich in meinen Projekte oft erlebe ist, dass zwar viele Risiken von den Beteiligten genannt werden, diese aber floskelartig sind. Also: Key-Ressourcen können ausfallen, Anforderungen werden nachgeschoben, Prioritäten ändern sich, usw. Kennst du das auch?

    Aus meiner Sicht fehlt oft die Fokussierung auf die wirklichen, projektbezogenen Risiken. Also genau das was du beschreibst: Die Risiken müssen in Verbindung mit den Zielen des Projekts gesehen werden.

    Ich mache das bei mir deshalb oft so, dass ich am Anfang gezielt meine Mitarbeiter und Haupt-Stakeholder befrage, und zwar in der Form, dass ich wissen will, ob´s irgendwo klemmen könnte oder, ob in der Vergangenheit schon mal schlechte Erfahrungen gemacht wurden. Das Wort Risiko nehme ich gezielt nicht in den Mund. Daraus ergibt sich dann eine Risikoliste, die ich dann selbst noch aus meiner Erfahrung anreichere.

    Wie kommst du zu einer Risikoliste?

    Grüße
    Sven

    1. Fabian Walter

      Hallo Sven,

      vielen Dank für deinen Kommentar!

      Ja, du hast recht! Leider leben wir in einer risikoscheuen Gesellschaft. Am liebsten ist es uns, wenn es gar keine Risiken gibt. Wenn wir dann aber doch Risiken aufschreiben, halten wir das gerne recht schwammig – nur nicht festnageln lassen! Zudem fällt mir immer wieder auf, dass die Projektbeteiligten zwar viele Risiken kennen, diese aber lieber nicht schriftlich festhalten, denn sonst wird das Projekt ja eventuell nicht genehmigt… In diesem Sinne halte ich deinen Ansatz für einen sehr guten Start. Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass allein das Nicht-benutzen des Wortes “Risikos” schon hilft.

      Ich denke aber, dass wir um eine Risiko-/Fehlerkultur nicht herum kommen. Wenn sich nach und nach ein Verständnis für den positiven Nutzen einer Risikobearbeitung durchsetzt, entstehen “Risikolisten” (fast) von ganz alleine, denn dann sind die Projektbeteiligten bereit, die ihnen bekannten Risiken auch mitzuteilen.

      Viele Grüße und erfolgreiche Projekte!
      Fabian

      1. Sven

        Hallo Fabian,

        hm. Sehe ich auch so. Vor allem wir Europäer sind risikoscheu. 🙂

        Dein Blog gefällt mir übrigens. Hier werde ich sicher öfter mal vorbeischauen.

        Wie lange leitest du schon Projekte? Bei mir sind´s mittlerweile 10 Jahre.

        Ciao
        Sven

        1. Fabian Walter

          Hello Sven,
          Sorry für die späte Antwort, aber ich war viel unterwegs…
          Danke für das Lob zum Blog! Freue mich dich hier öfter zu sehen.
          Ich bin seit 5 Jahren in internationalen Projekten tätig.
          Viele Grüße! Fabian

  2. marion e-k

    ? sehe es genau so risiken identifizieren sind chancen, ebenso wie reklamationen. demnaechstvhabe ich ein innerbetriebliches casting und darf meinen arbeitsbereich QRM vorstellen. es wird genauso positiv formuliert werden!

    1. Fabian Walter

      Hallo Marion!
      Ja, auch aus Reklamationen kann man viel lernen (wenn man will) ?
      Danke für deinen Kommentar und viel Erfolg bei deiner Präsentation. Hoffentlich kannst du viele Zuhörer mit deiner positiven Aussage überzeugen…
      Viele Grüße und erfolgreiche Projekte! Fabian

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