Wie du in schwierigen Teams überlebst (mit der Tit for Tat Strategie)

Fabian WalterProbleme, Team(-building)9 Kommentare

An was denkst du, wenn du an dein Team denkst?

Ist es ein Zusammenschluss von Menschen, die am gleichen Strang ziehen und das gleiche Ziel verfolgen? Jedes Mitglied versucht seine Kollegen dabei zu unterstützen erfolgreich zu sein? TEAM steht bei dir für “Together Everybody Achieves More”?

Schön wär’s! Bei dir steht TEAM eher für “Toll Ein Anderer Macht’s” oder sogar für “Terror, Egoismus, Aggression, Missgunst”? Denn eigentlich ist das sogenannte Team eher eine Zusammenstellung von Einzelkämpfern, die deine Hilfsbereitschaft gerne und oft ausnutzen?

Dann solltest du die sogenannte “Tit for Tat”-Strategie genauer anschauen. Mit ihr kannst du dich nämlich erfolgreich vor Enttäuschungen schützen und erhöhst sogar die Wahrscheinlichkeit einer Win-Win-Lösung!

 

Das Gefangenen-Dilemma

Du fühlst dich in deinem Team wie ein “Gefangener”? Klar, du triffst täglich auf deine Kollegen und kannst nicht einfach so – aus freien Stücken – aus dem Team austreten. Dann passt das Gefangenen-Dilemma aus der Spieltheorie ganz gut auf deine Situation:

Bei diesem Beispiel stehen zwei Angeklagte vor einer Entscheidung mit folgenden Optionen:

  • Verrät nur einer der beiden Angeklagten den anderen, dann kommt der Verratene für 3 Jahre ins Gefängnis. Der andere kommt frei und bekommt sogar noch eine Belohnung.
  • Verraten jedoch beide den jeweils anderen, müssen beide für 2 Jahre einsitzen.
  • Halten beide still, so kommen sie beide frei (aber natürlich ohne Belohnung).

In einer solchen Situation wäre das Ergebnis wohl absehbar: Beide Angeklagte würden erwarten, dass der Andere auspacken wird, um sich so vor dem Gefängnis zu schützen. Deshalb würden sich auch beide verraten, was dazu führt, dass sie beide für 2 Jahre einsitzen müssen.

 

“Tit for Tat” (im wiederholten Gefangenen-Dilemma)

Was aber wenn die Angeklagten nicht nur einmal, sondern gleich mehrfach aufeinandertreffen und auch noch ihre vorherigen Entscheidungen kennen – also so wie bei dir und deinen Kollegen? 🙂

In einer solchen Situation, in dem das Gefangenen-Dilemma mehrfach gespielt wird, gibt es eine ganze Reihe von Strategien. Und da “Tit for Tat” die Wahrscheinlichkeit auf eine Win-Win-Lösung deutlich steigert, ist sie eine der erfolgreichsten!

Grundsätzlich basiert die Strategie auf den Prinzipien “Auge-um-Auge”, “Zahn-für-Zahn”, oder “Wie-du-mir-so-ich-dir”. Ok, das hört sich jetzt erstmal nachtragend und wenig erfolgversprechend an.

“Tit for Tat” hat aber noch 3 weitere Bedingungen:

  • Der/die Spieler/in kooperiert zu Beginn des Spiels (in unserem Beispiel würde er/sie also den anderen Angeklagten nicht verraten).
  • In jedem weiteren Spiel, reagiert der/die Spieler/in genauso, wie der Gegner im vorherigen Spiel. D.h. wenn sich der Gegner kooperativ verhält, dann wird ebenfalls weiter kooperiert. Wenn sich der Gegner jedoch unkooperativ verhält, wird im nächsten Zug ebenfalls unkooperativ reagiert. Der/die Spieler/in ist aber nur ein einziges mal nachtragend und ab dann – wenn der Gegner wieder kooperiert – ebenfalls erneut bereit zur Kooperation!
  • Die letzte Bedingung ist, dass dieses Verhalten für den Gegner verständlich und vorhersehbar ist.

 

Die Anwendung von “Tit for Tat” in deinem Team
  • Beginne immer kooperativ! Lebe also die Prinzipien: “Gemeinsam mehr erreichen” und “Dein Erfolg ist auch mein Erfolg”.
  • Reagiere auf deine Kollegen immer so, wie sie in der letzten Spielrunde agiert haben. Belohne Kooperation mit Kooperation und spiegele unkooperatives Verhalten ebenfalls mit unkooperativem Verhalten.
  • Sei nicht (lange) nachtragend! Wenn dein Kollege wieder auf Kooperation umschwenkt, dann tue das selbst auch.

Du siehst also, dass du dich mit dieser Strategie vor dich ausnutzenden Kollegen “schützen” kannst, indem du kooperativ beginnst, dann aber deine Kooperation vom Verhalten deines Gegenübers abhängig machst!

 

ABER ACHTUNG – Es gibt auch Fallstricke!

  • Missverständnisse oder Fehler sollten die Kooperation nicht beenden!
    Du solltest immer versuchen mögliche Missverständnisse zu erkennen und auszuräumen – siehe hierzu auch den Artikel “Missverständnisse in der Kommunikation” – und deine Kooperation nur aufgeben, wenn dein Gegenüber wirklich eine unkooperative Strategie wählt und dir gezielt schaden will bzw. nur auf seinen Vorteil bedacht ist!
    Gehe also immer zuerst davon aus, dass sich dein Gegenüber kooperativ verhält bzw. verhalten will!
  • Achte auf deine Außenwirkung
    Wenn du nun überzeugt bist, dass dein Gegner wirklich eine unkooperative Strategie anwendet, dann solltest du dir – bevor du ebenfalls unkooperativ antwortest – überlegen, ob dein Gegner genau das erreichen will. Beispielsweise, um dich dann vor eurem gemeinsamen Chef anschwärzen zu können und so selbst besser dazustehen.

 

Fazit

Mit der auf Kooperation ausgerichteten “Tit for Tat”-Strategie kannst du dich in Teams wirksam vor dich ausnutzenden Kollegen schützen. Zudem erhöht sie die Wahrscheinlichkeit auf eine Win-Win-Lösung, aber nur, wenn du folgende Bedingungen einhältst:

  • Sei zu Beginn kooperativ.
  • Unterstelle deinem Gegner immer, dass er/sie sich ebenfalls kooperativ verhalten will.
  • Lasse deinen Gegenüber erkennen, nach welchen “Regeln” du spielst. Nur wenn er/sie dein Verhalten versteht (und vorhersagen) kann, kann er/sie dementsprechend Entscheidungen treffen.
  • Reagiere erst unkooperativ, wenn du (1) Missverständnisse und Fehler ausgeschlossen hast und (2) du dich mit unkooperativem Verhalten nicht in Gefahr bringst. Stelle also zuerst sicher, dass es sich um eine bewusste Strategie deines Gegenübers handelt.
  • Sei nicht (lange) nachtragend! Wenn dein Kollege wieder auf Kooperation umschwenkt, dann tue das selbst auch.

 

Ich hoffe, dass dir die “Tit for Tat”-Strategie das (Über-)Leben in schwierigen Teams erleichtert und eventuell sogar auf lange Sicht die Stimmung im Team grundsätzlich zu Kooperation verändert.

In diesem Sinne wünsche ich dir erfolgreiche Projekte!


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9 Kommentare zu “Wie du in schwierigen Teams überlebst (mit der Tit for Tat Strategie)”

  1. Heike Kuchler

    Guten Morgen Fabian,
    Wie immer ein toller Artikel von dir und sehr wertvoll für mich. Ich kann der Tit-for-Tat Strategie nur zustimmen. Nachdem ich mich bei der Zusammenarbeit mit dem Inhaber eines Geschäfts, in dem ich meinen Schmuck verkaufen kann(verstehe das auch als Team), sehr engagiert und kooperativ war, bekam ich das Gefühl, immer mehr ausgenutzt zu werden. Jetzt bin ich dazu übergegangen, in ihrer Art zu reagieren und siehe da, es wird für mich ein bisschen besser. Ist mir aber am Anfang schwer gefallen
    Durch deinen Artikel fühle ich mich bestärkt. Mal sehen, was noch passiert.
    Vielen Dank!!!
    Und für dich weiter ein immer besseres (Über) Leben im Team.
    Viele Grüße… Heike

    1. Fabian Walter

      Liebe Heike,
      Vielen Dank für deinen Kommentar! Es freut mich sehr, dass dich mein Artikel bestärkt hat.

      Und ja, eine solche Geschäftsbeziehungen sollte möglichst auch wie ein Team funktionieren – ganz im Sinne: “Dein Erfolg ist auch mein Erfolg”.

      Ich wünsche dir weiterhin alles Gute und viele erfolgreiche Projekte!
      Viele Grüße. Fabian

  2. BunchofSage

    Tit for Tat bzw. das Gefangenendilemma lässt sich tatsächlich wunderbar im Berufsleben einsetzen.

    Was mir im Artikel aber gefehlt hat: “Sei nicht (lange) nachtragend! Wenn dein Kollege wieder auf Kooperation umschwenkt, dann tue das selbst auch.” <- das liest sich so, als müsste immer erst der Kollege auf Kooperation umschwenken, bevor man selbst damit beginnt.

    Ich finde essenziell, dass du mit dem Wissen um die Tit-for-Tat-Strategie gerade auch selbst immer wieder die Kooperation anbietest, um den Teufelskreis der Nicht-Kooperation zu durchbrechen. Man kann nicht voraussetzen, dass der andere diese Spieltheorie-Strategie ebenfalls kennt/unbewusst anwendet.

    1. Fabian Walter

      Hallo und vielen Dank für deinen Kommentar!

      Ja, Tit-for-Tat funktioniert natürlich nicht, wenn eine Seite die Regeln nicht kennt. Deswegen war es mir auch wichtig im Artikel darauf hinzuweisen, dass „dein Gegenüber erkennen muss, nach welchen “Regeln” du spielst. Nur wenn er/sie dein Verhalten versteht (und vorhersagen kann), kann er/sie dementsprechend Entscheidungen treffen.“

      Grundsätzlich bin ich aber auch bei dir, wenn es um Kooperationsangebote geht; vor allem wenn man dabei die „Regeln“ für die Zukunft nochmal deutlich macht.

      Man muss dabei nur gut aufpassen, dass der Gegenüber diese Kooperationsangebote nicht ausnutzt und du so der Tit-for-Tat-Strategie „beraubt“ wirst, weil du immer wieder einseitig Kooperierst.

      Viele Grüße und erfolgreiche Projekte! Fabian

      1. Bernd Hutschenreuther

        “Man muss dabei nur gut aufpassen, dass der Gegenüber diese Kooperationsangebote nicht ausnutzt und du so der Tit-for-Tat-Strategie „beraubt“ wirst, weil du immer wieder einseitig Kooperierst.

        Viele Grüße und erfolgreiche Projekte! Fabian”

        Ich denke, Sie verstehen die Strategie falsch. Tatsächlich ist es so: Sobald der andere einmal nicht kooperiert, kooperiert man nicht mehr. Wenn der andere auch diese Strategie anwendet, bleibt es dabei. Man kann nicht längere Zeit kooperieren, wenn beide fest Tit for Tat spielen und einmal durch eine Störung, zum Beispiel, nicht kooperiert wird. Dann wird bis zu einem weitere Missverständnis nie mehr kooperiert.

        Tit for Tat ist stark vereinfacht, aber prinzipiell ist es eine gute Strategie, bei der beide Seiten gewinnen.
        Um beim Gegenteil: Nie kooperieren zu gewinnen, braucht man jemanden, der ausbeutbar ist.

        Viele Grüße
        Bernd

        1. Fabian Walter

          Hallo Bernd,

          vielen Dank für deinen Kommentar. In meinem Hinweis – dass man aufpassen müssen nicht ausgenutzt zu werden – bezog ich mich auf die Idee von “BunchofSage” auch mal aktiv Kooperationsangebote zu machen, um den Teufelskreis der Nicht-Kooperation zu durchbrechen. Es handelt sich also nicht um ein Missverständnis der Strategie, sondern eher um eine “Abweichung” für das reale Leben…

          LG und erfolgreiche Projekte,
          Fabian

  3. Jonas Fromme

    Lieber Fabian,

    es ist echt cool, was Du da mit dem Gefangenendilemma beschreibst. Wir haben uns dies auch angeschaut und mit Adam Grants Reziprozitätstypen (Geber, Nehmer und Tauscher) verbunden. Damit haben wir ein Messverfahren entwickelt, um genau dieses kooperative Verhalten zu analysieren. Vielleicht hast Du ja mal Lust dich darüber auszutauschen!

  4. Bernd Hutschenreuther

    Zwei Tipps fehlen noch:

    1. Schwenke nicht sofort um, wenn Du nichtkooperatives Verhalten erkennst. Das verhindert die genannten Missverständnisse und ist robuster. (Tit for two Tat, Einmal sollte man abwarten, erst beim zweiten mal dagegen wirken.

    2. Versuche, ab und zu auf kooperatives Verhalten umzuschwenken, das verhindert gegebenenfalls dauerhafte Verweigerung.

    Die ganze Strategie setzt einigermaßen berechenbares Verhalten voraus, bei völlig irrationalem Verhalten sollte man aus dem Wege gehen. Denke ich zumindest.

    Tit for Tat – und Tit for Two Tat sind ausführlich von Axelrod untersucht worden. Siehe:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Evolution_der_Kooperation

  5. German

    Das postulierte Ideal eines harmonischen Teams, das gemeinsam an einem Strang zieht und Erfolg für alle anstrebt, steht oft im Kontrast zur Realität. In vielen Fällen entpuppt sich das sogenannte “Team” eher als Ansammlung von Einzelkämpfern, die Bereitschaft anderer ausnutzen. Die “Tit for Tat”-Strategie aus dem Gefangenen-Dilemma kann helfen, sich vor Enttäuschungen zu schützen und Win-Win-Lösungen zu fördern.

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