Kanban – Einführung in die Grundlagen

Fabian WalterFührung, Zeitmanagement, Prioritäten3 Kommentare

Dieser Artikel ist Teil 1 von 3 der Serie Kanban

Kanban – die Methode der Arbeitsorganisation, die ich dir heute vorstellen will, ist zwar nicht neu, aber sie ist überraschend einfach und vor allem: sie funktioniert!

Kanban wurde schon in den 1940er Jahren vom japanischen Automobilhersteller Toyota entwickelt, letztendlich um so besser mit den amerikanischen Autoherstellern konkurrieren zu können. Das Ergebnis war ein Just-In-Time-System, das die Produktion verschlankte, die Effizienz erhöhte, die Lagerkosten enorm reduzierte und es dem Autobauer ermöglichte schneller zu fertigen Endprodukten zu gelangen.

In den letzen Jahren hat Kanban seinen “Siegeszug” auch außerhalb der Automobilproduktion fortgesetzt und wird heute vor allem auch in der Softwareentwicklung eingesetzt. Es ist aber nicht darauf begrenzt, sondern kann prinzipiell in allen Arbeitsabläufen zu mehr Transparenz und Effizienz führen!

Im Folgenden stelle ich dir die Grundlagen eines Kanban-Systems vor. Nächste Woche geht es dann mit einem detaillierteren Blick und Möglichkeiten der Optimierung weiter.

 

Den Arbeitsablauf bestimmen (das Kanban-Board)

Der erste Schritt bei der Einführung eines Kanban-Systems ist es, den bestehenden Arbeitsablauf zu visualisieren. Welche Schritte werden also benötigt, um eine Aufgabe zu erledigen?

In vielen Fällen ist dies so einfach, wie “Zu erledigen”, “In Arbeit” und “Erledigt”. Es kann aber natürlich auch sein, dass Zwischenschritte, wie “Zur Bearbeitung genehmigt”, “Detailplanung” oder “Kontrolle / Abnahme” mit aufgenommen werden müssen.

Für jeden dieser Schritte wird auf einer Tafel – dem Kanban-Board – eine Spalte erzeugt; für diesen Artikel habe ich ein Beispiel mit fünf Spalten gewählt (“Zu erledigen”, “Detailplanung”, “Wartend”, “In Arbeit” und “Erledigt”).

Kanban - Board (Übersicht)

In diese Spalten kommen nun die Aufgaben-Karten, die für das System namensgebend sind. Kanban bedeutet nämlich auf japanisch “(Signal-)Karte” und genau um solche Karten dreht sich das gesamte System.

 

Bearbeite die Aufgaben nach dem “Pull-Prinzip”

Im nächsten Schritt solltest du nun also alle deine Aufgaben aufschreiben und zwar immer nur eine Aufgabe pro Karte. Wenn du willst, dann kannst du auch für verschiedene Arten von Aufgaben mit unterschiedlichen Karten-Farben experimentieren, aber für den Start reicht eine Farbe erstmal aus.

Nachdem du nun alle Aufgaben aufgeschrieben hast, solltest du diese nach Prioritäten sortiert in die “Zu erledigen”-Spalte kleben. Beim der Priorisierung von Aufgaben hilft dir u.a. die Einsenhower-Matrix.

Jetzt können beispielsweise die für die Detailplanung verantwortlichen Personen eine Aufgabe aus der “Zu erledigen”-Spalte in die “Detailplanung”-Spalte ziehen. Hierbei ist es wichtig darauf zu achten, dass dies nach dem “Pull”-Prinzip geschieht, d.h. dass sich die Mitarbeiter eine neue Aufgabe in ihre Spalte ziehen. Im Gegensatz zum “Push”-Prinzip – bei dem ein Vorgesetzter die Aufgaben in die Spalte verschiebt – können die Mitarbeiter hier selbst entscheiden, welche Aufgaben sie übernehmen wollen/müssen.

Dies führt:

  • zu deutlich mehr Verantwortungsbewusstsein auf der Mitarbeiterebene,
  • zu einer besseren Ressourcenauslastung, da die Mitarbeiter am besten wissen, welche Kapazitäten sie frei haben,
  • zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit, da sie selbstbestimmt arbeiten können.

All das führt letzen Endes dann dazu, dass ein motivierteres und produktiveres Team entsteht!

 

Optimiere den Fluss

Das oben angesprochene Pull-Prinzip wird dir nun recht schnell aufzeigen, wo sich die Arbeit anhäuft; d.h. wo in deinem Prozess die Flaschenhälse sind. Dieses Wissen ist enorm wichtig, denn Kanban legt großen Wert auf den “Flow”, also das optimale Durchlaufen deiner Aufgaben durch die verschiedenen Arbeitsschritte – und das in möglichst kurzer Zeit.

Da Aufgaben einen Prozess nur immer nur so schnell durchlaufen können, wie es die “engste Stelle”, also der Flaschenhals zulässt, ist es wichtig diese Flaschenhälse zu kennen.

Kanban - Stau

Wenn in deinem Team pro Tag beispielsweise sieben Aufgaben im Detail geplant, aber nur drei davon umgesetzt werden können, dann liegt die Verarbeitungsmenge deines Prozesses auch bei drei Aufgaben pro Tag, d.h. “nur” drei Aufgaben können pro Tag erledigt werden!

Wenn nun das Planungsteam aber immer mehr Aufgaben “in das System” hinein gibt, diese aber nicht schnell genug abgearbeitet werden können, dann entsteht unzufriedenheit beim Planungs- wie auch beim Umsetzungsteam.

In einer solchen Situation gibt es dann zwei mögliche Folgen, die beide alles andere als effizient sind:

  • Das Umsetzungsteam arbeitet die Aufgaben schneller ab.
    Hierdurch leidet dann aber möglicherweise die Qualität und es schleichen sich Fehler ein. Somit leidet die Umsetzungsqualität in deinem Prozess.
  • Es entsteht ein Aufgabenberg vor der Umsetzung.
    Wenn in diesem Berg nun Aufgaben für eine längere Zeit liegen bleiben, kann es passieren, dass diese Aufgaben, wenn sie dann bearbeitet werden, nicht mehr aktuell sind und im schlimmsten Fall sogar gar nicht mehr hätten bearbeitet werden müssen.

Wenn du nun die Flaschenhälse kennst, dann kannst du dir geeignete Gegenmaßnahmen überlegen. In unserem Beispiel könntest du Personal aus dem “Detailplanungs”-Team abziehen und dem “Umsetzungs”-Team zur Verfügung stellen.

 

Zwischenfazit – die Vorteile des Kanbans

Nachdem du nun einen kurzen Überblick über die Grundlagen eines Kanban-Systems bekommen hast, ist es an der Zeit für ein erstes Zwischenfazit. Welche Vorteile bietet Kanban:

  • Es ist sehr leicht verständlich
    Das macht die Einführung des Systems einfach, denn je komplexer ein System ist, desto größer werden auch die Widerstände bei dessen Einführung sein!
  • Es schafft eine hohe Transparenz und Übersichtlichkeit
    Mit wenigen Blicken auf das Kanban-Board bekommst du viele Informationen. Du siehst beispielsweise genau, wo sich die Arbeit staut, wer gerade an welcher Aufgabe arbeitet und wo dein Team noch freie Ressourcen hat.
  • Es ist flexibel anpassbar
    Ein Kanban-Board passt sich deinen Arbeitsabläufen an – nicht umgekehrt. Du musst also deinen gewohnten Workflow nicht erst umständlich in ein neues System “pressen”, sondern du bildest deinen bestehenden Arbeitsablauf einfach auf deinem Board ab und startest durch!
  • Es zielt auf kontinuierliche Verbesserungen ab
    Mit Kanban kannst du deine Arbeit kontinuierlich verbessern. Durch die geschaffene Transparenz und Übersichtlichkeit (siehe Punkt 2) erkennst du beispielsweise schnell, wo es in deinem Prozess noch nicht ganz rund läuft. Und dadurch, dass das System so flexibel anpassbar ist, kannst du dein bestehendes System Schritt für Schritt zum Besseren verändern, ohne dass du gleich gravierende Änderungen vornehmen musst.
  • Es macht Erfolge / Ergebnisse sichtbar
    Viele Systeme zur Arbeitsorganisation (wie beispielsweise To-Do-Listen) helfen dir dabei einen Überblick über deine noch anstehenden Aufgaben zu behalten. Sobald diese aber erledigt sind, verschwinden sie von deiner Liste. Das führt aber leider auch dazu, dass du am Ende eines Tages (oder einer Woche) gar nicht mehr siehst, was du alles erledigt hast. Dies ist bei Kanban anders, denn dort kommen die erledigten Aufgaben in eine dafür vorgesehene Spalte. So hast du immer im Blick, was du schon geleistet hast. Und der Blick auf diese Spalte fühlt sich richtig gut an! 🙂
  • Vom “Push” zum “Pull”-System
    Auch wenn es auf den ersten Blick nach einer kleinen Änderung aussieht, der Wechsel auf ein “Pull”-System hat gravierende Auswirkungen. Gerade in Zeiten, in denen jeder von uns eigentlich immer zu viel auf den Schreibtisch bekommt, ist das “Pull”-System ein bewusster Bruch mit der (ineffizienten) Tradition der externen Arbeitszuweisung durch einen Vorgesetzten.
    Wenn die Mitarbeiter sich ihre Aufgaben selbst “abholen” können, führt das u.a.
    (1) zu weniger Zeitverlust bei der Ressourceneinteilung, da der Vorgesetzte diese Aufgabe nicht mehr für das gesamte Team durchführen muss und der Mitarbeiter Aufgaben nur dann annimmt, wenn er auch freie Ressourcen hat,
    (2) zu weniger Zeitverlust durch das wechselnde Bearbeiten von Aufgaben, da die Mitarbeiter die Aufgaben u.a. basierend auf ihren freien Ressourcen auswählen und
    (3) zu keinen Wartezeiten zwischen zwei Aufgaben, denn die Mitarbeiter müssen nicht warten, bis der Vorgesetzte die Zeit findet ihnen eine Aufgabe zuzuweisen.

 

Im nächsten Artikel steigen wir dann noch etwas Tiefer in Kanban ein. Dann wirst du noch ein paar Tipps und Tricks kennen lernen, die deine Effizienz noch weiter erhöhen werden. Also: unbedingt dabei bleiben! 🙂

Bildquelle (Titelbild): FreeImages.com/N/A N/A – Bildquelle (Bild im Artikel): Morguefile.com – pedrojperez


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3 Kommentare zu “Kanban – Einführung in die Grundlagen”

  1. Regine Koch-Bah

    Lieber Fabian,

    vielen Dank für Deine Tipps und Tricks. Kanban kommt mir sehr vertraut vor: in der Familienzeit als auch in der Vereinsarbeit, wo es v. a. um freiwillige Arbeit geht. Bei beiden Gruppen habe ich “langjährige und freudige Mitarbeiter”…

    Dir einen erholsamen Urlaub.

    Regine

  2. Karoline

    Hallo! 🙂
    Danke schön für diesen genialen Artikel! Ich habe auch letztens Kanban-Werkzeuge kennen gelernt und ich stimme in diesem Punkt völlig Ihnen zu. Hohe Transparenz und Übersichtlichkeit sind für mich die wichtigsten Vorteile der Tools dieser Art. Das macht die Arbeit leichter und die Aufgaben, die Ergebnisse sind tatsächlich mehr sichtbar als bei den traditionellen Maβnahmen. Ich habe auch einen ähnlichen interessanten Beitrag gefunden – https://kanbantool.com/de/kanban-methode. Sie können auch diesen lesen, wenn Sie wollen. 🙂

    Tschüss!! 🙂

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