Ein Projekt ist wie eine gemeinsame Reise in unbekanntes Gebiet. Und wie bei einer Abenteuerreise, kommt man in einem Projekt nur ans Ziel, wenn man gemeinsam am gleichen Strang zieht und nicht in verschiedene Richtungen losläuft. Deshalb ist es auch enorm wichtig gleich zu Beginn eines Projektes bei den verschiedene Beteiligten – mit verschiedenen Blickwinkeln und Interessen – ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln.
Doch wie schafft man diesen gemeinsamen Startpunkt, dieses einheitliche Verständnis über den Sinn und Zweck, aber auch über Umfang und Ablauf des Projekts? Hierbei kann dir der Project Canvas helfen. Was das ist und wie das funktioniert, erfährst du in diesem Artikel.
Was ist ein Canvas?
Vom Wortsinn her ist ein Canvas ist eigentlich eine Leinwand oder ein Segeltuch. In unserem Kontext steht es aber für ein Hilfsmittel zur grafischen Darstellung eines komplexen Sachverhalts.
Die Canvas-Methode wurde vor allem durch den von Osterwalder im Jahr 2004 vorgestellten Business Model Canvas weltweit bekannt. Angeblich haben mit dessen Hilfe bereits über 5 Millionen Menschen an der übersichtlichen Darstellung und Entwicklung von Geschäftsmodellen gearbeitet.
Wie du siehst unterteilt ein Canvas also ein komplexes Thema in seine wichtigsten Teilbereiche, hilft uns so die wichtigen Fragen in den wichtigen Bereichen zu stellen und dient uns damit als Gerüst, um komplexe Gebilde – wie Geschäftsmodelle (oder auch Projekte) – aufzubauen.
Der Project Canvas: Hintergrund
Nachdem sich der Business Model Canvas weltweit so großer Beliebtheit erfreut, war klar, dass sich viele Menschen ein ähnliches Hilfsmittel für Ihre Projekte wünschen. Und natürlich gibt es verschiedene Ansätze komplexe Wirkungsketten in Projekten einfach und übersichtlich darzustellen. Gerade bei Projekte der Entwicklungszusammenarbeit wird viel mit LogFrames und Wirkungsketten gearbeitet.
Bisher waren die vorliegenden Methoden aber meist auf eine bestimmte Art von Projekten begrenzt und ließen sich nicht branchenübergreifend nutzen. Diesem Problem sahen auch die Macher der Plattform Over the fence und glauben mit ihrem Project Canvas diese Lücke geschlossen zu haben
Der Project Canvas: Aufbau
Der Project Canvas besteht aus insgesamt 11 Projektbausteinen. Eingerahmt vom einer Zeitleiste – auf der alles aufbaut – sowie dem Sinn und Zweck des Projektes – dem alles untergeordnet ist – gibt es 9 weitere Bausteine, die in Input-, Transformations- und Output-Faktoren gruppiert sind. Mit dieser Beschränkung auf die notwendigsten Elemente will der Project Canvas sein Ziel erreichen: eine übersichtliche Darstellung eines komplexen Vorhabens.
Der Project Canvas: Anwendung
Der Project Canvas kann – je nach Bedarf – sehr flexibel eingesetzt werden. Da sein Ansatz aber vor allem ein Anstoß zur direkten Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten sein soll, macht es gerade zu Beginn eines Projektes Sinn den Project Canvas in einem Kickoff-Meeting einzusetzen.
Hierfür sollten sich am besten die Auftraggeber des Projektes mit dem Projektleiter und dem (soweit bereits vorhandenen) Projektteam treffen. Im Vorfeld sollten bereits die 11 Projektbausteine unter den Mitgliedern des Projektteams verteilt werden, wobei der Projektleiter meist den Baustein “Sinn und Zweck des Projektes” übernimmt.
In einem ersten Schritt können nun die Auftraggeber ihre Projektgeschichte erzählen. Gerade, wenn es sich hierbei um Leiter verschiedener Abteilungen handelt, macht dies Sinn, denn dann kann jeder das Projekt, dessen wichtigsten Elemente sowie den Sinn und Zweck aus eigener (Abteilungs-)Sicht beschreiben. Jedes Mitglied aus dem Projektteam macht sich nun für die ihm zugeteilten Projektbausteine Notizen.
Anschließend bekommt jedes Teammitglied Gelegenheit für seine(n) Projektbaustein(e) Rückfragen zu stellen. Für jeden Baustein sind mögliche Fragen bereits im Project Canvas vorgegeben:
Welche Absicht steht hinter dem Projekt? (auch Herausforderung und/oder Ursache)
Warum ist das Projekt wichtig und bedeutsam – und für wen?
Inwiefern wird das Projekt die Zukunft verändern – und für wen?
Wieviel Geld wird benötigt / ist verfügbar?
Team
Wer ist dabei / sollte dabei sein? (Kernteam / erweitertes Team / externe Partner / Projektleiter)
Ressourcen
Welche Ressourcen werden benötigt? (z.B. Arbeitsräume und Arbeitsmittel)
Bekannte Kräfte, Bedingungen, Ereignisse und Menschen, die das Projekt beeinflussen.
- Wer/was unterstützt das Projekt?
- Wer/was behindert das Projekt?
Meilensteine
Welche Etappenziele sind wichtig? (Termine für Zwischenergebnisse, wichtige Entscheidungen sowie sicht- und messbare Erfolge)
Chancen und Risiken
Welche unsicheren Ereignisse würden, im Falle ihres Eintretens, den Projekterfolg gefährden bzw. beflügeln? (Sicher eintretende Ereignisse sind als Umfeld-Bedingungen zu berücksichtigen).
Was macht die Kunden wirklich glücklich bezogen auf:
- das Ergebnis des Projekts?
- die Meilensteine auf dem Weg dorthin?
- die Art der Information/Mitarbeit im Projekt?
Ergebnis
Was soll das Projekt für die Kunden liefern? Ist es am ehesten ein neues Produkt, ein neuer Service, oder neue Erkenntnisse und Wissen?
Kunde
Wer ist der Kunde? Menschen, die
- das Projekt finanzieren (Sponsoren)
- das Projekt starten und beenden (Eigentümer)
- die Projektergebnisse erhalten (Empfänger)
Bei mehreren Kunden sollte nach absehbaren Konflikten zwischen diesen Kunden(-gruppen) Ausschau gehalten werden.
Im letzten Schritt werden nun die Ergebnisse der 11 Projektbausteine nacheinander an den großen Project Canvas, der für alle gut sichtbar an einer Wand angebracht sein sollte, geklebt und besprochen. Hierbei sollten dann auch mögliche Unklarheiten und Fehler besprochen und verbessert werden, um zu einem richtigen, umfassenden und gemeinsamen Verständnis des Projekts zu kommen.
Fazit – Der Project Canvas als Möglichkeit bekannte Kommunikationsprobleme zu verhindern
Natürlich kann der Project Canvas eine intensive und detaillierte Beschäftigung mit dem Projekt und weiteren Planungsschritten nicht ersetzen, aber als Ausgangspunkt zur Schaffung eines gemeinsamen Projektverständnis und um einen gemeinsamen Startpunkt zu beschreiben, ist der Project Canvas eine hervorragende Methode.
Gerade dadurch, dass er eine strukturierte, direkte (mündliche) Kommunikation (von Angesicht zu Angesicht) fördert, stärkt die Arbeit mit dem Project Canvas das Teamgefühl und ermöglicht den professionellen Austausch von Sichtweisen und Fakten. Diese Kombination ist gerade zu Beginn eines Projektes extrem hilfreich!