Noch immer scheitern fast drei Viertel aller Projekte. Bei vielen Projekten beginnt das “Scheitern” bereits vor dem eigentlichen Start! Und das, obwohl Projektmanagement mehr und mehr zu einem der zentralen Erfolgsfaktoren der Zukunft geworden ist.
Doch warum scheitern Projekte bereits vor ihrem eigentlichen Start?
Warum scheitern Projekte (schon vor dem Start)?
Natürlich haben Projekte bereits durch ihre Natur – also aufgrund ihrer Einzigartigkeit und Komplexität – eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit des Scheiterns. Dennoch ist es überraschend, dass es immer wieder die gleichen Gründe sind, die ein Projekt – bereits vor dem eigentlichen Start – zum Scheitern verurteilen:
1) Planung wird als notwendiges Übel betrachtet
In vielen Unternehmen und Organisationen gibt es klare Anweisungen, wie ein Projekt geplant werden muss. Der Projektleiter erstellt die Pläne zu den zu erbringenden Leistungen, den Kosten, den Risiken und den damit verbundenen Zeitplan. Soweit, so gut!
Was dann aber oft folgt ist, dass diese Dokumente von den Auftraggebern und Stakeholdern mehr oder weniger einfach nur “zur Kenntnis” genommen werden. Einmal “abgesegnet” verschwinden die Planungsdokumente oft in der Schublade oder – und das ist fast noch schlimmer – sie werden ausgedruckt und an die Wand gehängt. So kann man sich zwar immer anschauen, was zu Beginn geplant wurde, mit der – sich verändernden – Realität hat das aber schon bald nicht mehr viel zu tun.
Wenn die Planung zu einem zwar notwendigen, aber doch einmaligen Übel verkommt, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir auf Probleme bei der Umsetzung stoßen! Pläne müssen Arbeitsdokumente sein, die immer wieder überprüft und angepasst werden müssen! Deshalb sollten wir uns immer an Dwight D. Eisenhower und an Benjamin Franklin halten. Sie sagten:
“Plans are nothing, Planning is everything.” – Dwight D. Eisenhower
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“If you fail to plan, you are planning to fail!” – Benjamin Franklin
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2) Den Projektleiter zu spät “mit ins Boot” holen
Ich erlebe es immer wieder, dass Projekte an Auftraggeber “verkauft” werden, ohne dass der zukünftige Projektleiter mit im Boot war. Natürlich müssen Führungskräfte (und ihr Verkaufsteam) Kunden akquirieren und hierbei auch “proaktiv” vorgehen.
Was hierbei jedoch oft passiert ist, dass ohne den Rat des Projektleiters – der auf mögliche Probleme im Vorfeld hinweisen hätte können – Verträge abgeschlossen werden. Diese erweisen sich im Nachhinein oft als sehr risikoreich und teilweise als unmöglich – zumindest innerhalb des magischen Projektmanagement-Dreiecks (Kosten – Leistung – Zeit).
Abgesehen davon ist es für das Projektteam natürlich extrem demotivierend, wenn sie “mal wieder” ein Projekt umsetzen müssen, dessen Vertrag die wichtigen Fragen nicht klärt und eigentlich mehr Probleme mit sich bringt, als er löst!
3) Projektumfang erst “auf dem Weg” klären
Dieser dritte Punkt hängt mit dem vorherigen eng zusammen. Unsere Welt scheint sich immer schneller zu drehen und wir fühlen uns ständig unter (Zeit-)Druck. Das führt leider oft dazu, dass wir glauben, nicht genügend Zeit für eine saubere Auftragsklärung zu haben. Oft hört man hier: “Dazu haben wir jetzt gerade keine Zeit. Erst müssen wir den Vertrag unterschrieben und dann holen wir das nach.”.
Das Problem ist nun aber häufig:
- Entweder die saubere Planung bzw. Auftragsklärung wird überhaupt nicht mehr nachgeholt – weil immer etwas anderes noch dringender ist.
- Oder man stellt fest, dass der abgeschlossene Vertrag so eigentlich gar nicht zu erfüllen ist.
4) Fachkompetenz mit Führungskompetenz verwechseln
Ein weiterer klassischer Fehler ist die Auswahl des Projektleiters. Fachlich kompetente Mitarbeiter werden über die Jahre immer weiter befördert. Dies führt aber leider oft dazu, dass sich auch das Anforderungsprofil verändert. Es muss also immer weniger fachliche Arbeit und immer mehr Führungsarbeit geleistet werden.
Oft haben die Fachleute aber gar keinen wirklichen Spaß an der neuen Führungsaufgabe. Sie würden viel lieber wieder mehr “inhaltliche” Arbeit leisten. Zudem werden sie auch nicht systematisch auf diese neuen Aufgaben vorbereitet und können so auch nicht die erforderlichen (Führungs-)Kompetenzen aufbauen!
Dies kann dahin führen, dass in einer Hierarchie jeder Beschäftigte dazu neigt, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen – auch bekannt als das “Peter Prinzip”.
5) Projekte mit den gerade vorhandenen Kompetenzen umsetzen
Mit dem Problem der Auswahl des Projektleiters eng verbunden ist auch die Auswahl des Projektteams. An sich sollte für die Auswahl des richtigen Teams – mit den benötigten Kompetenzen – genügend Zeit (und auch Geld) aufgewendet werden. Denn hier liegt einer der größten Erfolgsfaktoren für komplexe Projekte.
Doch leider erlebe ich in der Praxis immer wieder das genaue Gegenteil:
- Projektteam = die verfügbaren Mitarbeiter
Die Projektteams sind in vielen Fällen ganz einfach die gerade verfügbaren Mitarbeiter. Ganz egal, ob dabei die notwendigen Kompetenzen auch wirklich vorhanden sind oder nicht. Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass in der Firma zwar die nötige Kompetenz zu finden wäre; da der Mitarbeiter aber gerade beschäftigt war, wurde er nicht berücksichtigt.
- Anforderungen werden nicht analysiert
Zudem werden Anforderungen auch oft nicht richtig analysiert. Die Frage “Wer aus dem Projektteam übernimmt welche Aufgaben” wird meist pauschal und ohne ausreichende Analyse beantwortet. So kann es beispielsweise sein, dass die Mitarbeiter aus der Finanzabteilung – die gut “mit Zahlen” umgehen können – auch das Projektbudget erstellen. Ob sie dazu aber noch weiteres (inhaltliches) Wissen bzw. Kompetenzen benötigen, wird oft nicht wirklich hinterfragt.
Viele Projekte scheitern schon bevor sie richtig begonnen haben!
Allein diese Top 5 Gründe zur Frage “Warum scheitern Projekte schon vor dem Start” zeigen, wie wichtig ein systematisches Projektmanagement bereits zu Beginn eines Projektes ist.
Wenn du selbst auch schon Erfahrungen mit einem (oder mehreren) dieser Punkte gemacht hast, würde ich mich über einen Kommentar freuen! Wie gehst du damit um? Und welche Strategien haben sich für dich bewährt, um diesen Fragen zu begegnen?