Viele Organisationen und Firmen haben leider noch immer kein wirkliches Projektmanagement. Sie steuern ihre Projekte eher im Feuerwehr-Modus und versuchen – dort wo es gerade am meisten brennt – zu retten, was noch zu retten ist. Von einer guten Planung ist jedoch weit und breit nichts zu sehen.
Obwohl sich die Beteiligten dessen zwar manchmal durchaus bewusst sind, fällt es ihnen doch weiterhin schwer, beim nächsten Projekt zumindest die Grundzüge einer Projektplanung und -steuerung anzuwenden.
Wenn es nämlich um Fragen wie die Festlegung SMARTer Ziele, Budget-, Aufgaben- und Terminplanung, Stakeholder- und Risikomanagement geht, dann bekommt man immer wieder die gleiche Antwort: „Ja, eigentlich müssten wir das ja machen, aber dafür haben wir jetzt wirklich keine Zeit!“
Doch wie schon Benjamin Franklin wusste:
„If you fail to plan, you are planning to fail.“
Click to tweet
Im heutigen Artikel möchte ich dir genau dies – anhand eines privaten Erlebnisses – verdeutlichen und zeigen, warum es sich auch bei kleinen Projekten lohnt Zeit in Planung und Management zu investieren!
Das Projekt (war eigentlich keine große Sache)
Ich bin vor einigen Monaten, zusammen mit meiner Frau, als Berater für Projektplanung, Monitoring und Evaluation nach Simbabwe gezogen. Unser Haus war – mit Alarmanlage und teilweise vergitterten Fenstern – eigentlich schon ganz gut ausgestattet, aber an drei Fenstern mussten wir noch zusätzliche Gitter anbringen lassen.
Da dies hier – anders als in Deutschland – Standard ist, sollte ein solcher Auftrag eigentlich auch kein großes Ding sein: Fensterbauer beauftragen, Gitter herstellen und anbringen lassen, bezahlen, fertig!
Das wichtigste Wort dabei war aber leider das Wort „EIGENTLICH“, denn wir haben nicht mit den „Projektmanagementqualitäten“ des Fensterbauers gerechnet…
Die Vorbereitungen für das Projekt
Hier verlief alles noch recht reibungslos. Ein Fensterbauer war schnell – über eine Empfehlung von Nachbarn – gefunden und die Gitter sollten auch schon wenige Tage später angebracht werden.
DAS ANBRINGEN (TEIL 1) – Termintreue? Fehlanzeige!
Am vereinbarten Montag erschien der Fensterbauer einfach nicht. Nachdem er sich nicht meldete, haben wir bei ihm angerufen. Er meinte nur, dass er dann einfach Mittwochs kommen würde. Ok… Das geht ja schon mal gut los!
Zwischenergebnis: Wir begannen ganz leicht mit dem Kopfschütteln!
DAS ANBRINGEN (TEIL 2) – Die Qualität des Produktes
Am Mittwoch tauchte der Fensterbauer dann wirklich wie versprochen auf, um die Gitter anzubringen. Leider waren die von ihm produzierten Gitter aber von einer miserablen Qualität:
- Was gleich zu Beginn auffiel war, dass sie nicht gut gestrichen waren; d.h. an vielen Stellen sah man das dunkle Metall durch den weißen Lack hindurch.
- Zudem waren die Querverstrebungen teilweise zu lang, so dass sie nicht gerade im Rahmen saßen, sondern sich wellten.
- Auch die Rahmen der Gitter waren windschief und passten so natürlich nicht.
- Also musste der Fensterbauer alles wieder einladen und ist (leise fluchend) wieder abgezogen. Neuer Termin für das Anbringen: irgendwann in der folgenden Woche.
Zwischenergebnis: Wir blieben mit stärkerem Kopfschütteln zurück!
DAS ANBRINGEN (TEIL 3) – Was war nochmal Stakeholdermanagement (1)?
Als wir am folgenden Samstag, nach einem Tagesausflug in die nähere Umgebung wieder zuhause ankamen, staunten wir nicht schlecht: An unserer Garage lehnten die neuen Gitter.
Diesmal zwar in guter Qualität und sauber gestrichen, vom Fensterbauer war aber weit und breit nichts zu sehen und telefonisch hatte er sich auch nicht gemeldet.
Unsere Nachbarn erzählten uns dann auch, dass der Fensterbauer mit seinem Team (2 weitere Arbeiter) da war, um die Gitter anzubringen. Da er uns das aber “vergessen” hatte mitzuteilen, musste er unverrichteter Dinge wieder abziehen.
Damit die Gitter über Nacht nicht geklaut wurden, haben wir sie dann einfach in unserer Garage verstaut.
Zwischenergebnis: Langsam tut uns der Nacken vom intensiven Kopfschütteln weh!
DAS ANBRINGEN (TEIL 4) – Was war nochmal Stakeholdermanagement (2)?
Noch mehr staunten wir jedoch, als es am folgenden Tag – also am Sonntag – morgens um 08:30 Uhr an unserer Türe klopfte. Der Fensterbauer stand mit seinen zwei Angestellten da und fragte, ob er nun die Gitter anbringen dürfe. (Anmerkung des Autors: Echt jetzt?)
Nachdem wir uns kurz mit unseren Nachbarn besprochen hatten und sie nichts gegen einen lauten Sonntag Vormittag einzuwenden hatten, haben wir den Fensterbauer ins Haus gelassen, damit er die Gitter – wie er sagte innerhalb von nur einer Stunde – anbringen könnte.
Aus dieser einen Stunde wurden dann jedoch fast 4 Stunden, denn beim Abmessen der Fenster hatte es der Fensterbauer dann wohl doch nicht ganz so genau genommen. Das führte dazu, dass zwei der drei Gitter zu breit waren, nicht auf die Fenster passten. Somit musste diese aufgetrennt, gekürzt und wieder zusammengeschweißt werden.
Zwischenergebnis: Die Gitter sind dran, aber das Kopfschütteln nimmt kein Ende!
If you fail to plan, you are planning to fail.
Letztendendes sind nun alle drei Gitter vor den Fenstern. Sie sitzen gut und sehen auch ganz gut aus (so gut wie Gitterstäbe vor Fenstern halt aussehen können). 🙂
Das Projekt wurde also abgeschlossen, aber:
- aus den eigentlich benötigten zwei Anfahrten – also Abmessen und Anbringen – wurden letzten Endes vier Anfahrten.
- Die Gitter mussten – aufgrund der schlechten Qualität – zweimal angefertigt werden, was zu erheblichen Mehrkosten (und dadurch zu weniger Gewinn beim Fensterbauer) geführt hat.
- Dies führte auch dazu, dass der Fensterbauer zweimal einen Pick-up mieten musste (um die Gitter zu transportieren). Auch dies hat seine Kosten natürlich deutlich erhöht.
- Durch unsauberes Abmessen zu Beginn des Projektes, mussten die Gitter dann auch vor Ort nochmal aufgeschnitten, angepasst und wieder zugeschweißt werden. Das hat die Zeit zum Anbringen letzten Endes vervierfacht!
- Die Projektlaufzeit hat sich insgesamt von wenigen Tagen auf fast 2 Wochen verlängert.
- Ob der Fensterbauer am Ende wirklich etwas an diesem Projekt verdient hat, bleibt fraglich.
- Und uns – als Auftraggeber – hat es viele Nerven gekostet und wir werden diesen Produzenten auf keinen Fall weiterempfehlen.
Wenn man sich nun also einmal ansieht, was allein bei einem so kleinen und übersichtlichen Projekt alles schief laufen kann und wie sich dadurch der Gewinn und die „Weiterempfehlungsbereitschaft“ reduziert und der Stress und der Ärger auf allen Seiten zunimmt, dann sollten wir uns für all unsere Projekte viel mehr Zeit für eine saubere Planung sowie gutes Projektmanagement nehmen!
In diesem Sinne wünsche ich dir – immer noch den Kopf schüttelnd – erfolgreiche Projekte! 🙂
PS: Wenn du ähnliche Geschichten erlebt hast, würde ich mich über einen Kommentar freuen!
Ein Kommentar zu “Warum sich Projektmanagement lohnt (oder endlich habe ich vergitterte Fenster)”
Lieber Fabian,
dann hast Du ja ein weites, weites Feld der Betätigung: In Afrika, in Lateinamerika…
In Sierra Leone lachen viele Einheimische diese Begebenheiten einfach weg. Ich mag diesen Humor! Die eigenen Unzulänglichkeiten werden sehr wohl gesehen. Was Projektplanung und damit prosperierende Handwerker verhindert, ist die Korruption. Lieber “low Profile” zeigen, also wenig Wohlstand, diesen aber behalten (!), als ein kompetenter Handwerker sein, der dann gut verdient aber die Neider auf den Plan ruft: Diese können in einem Handstreich alles vereinnahmen!
Bestechung, Käuflichkeit und Unsicherheit in der Lebensplanung sind Geißeln in Sierra Leone.
Liebe Grüße,
Regine