Kannst du nachts manchmal nicht schlafen, weil deine Gedanken nicht zur Ruhe kommen? Entfallen dir immer wieder wichtige Dinge, die dir dann zu den unpassendsten Zeiten wieder einfallen? Fühlst du dich ständig überladen – oder sogar überlastet?
Eine einfache Möglichkeit dieser Überlastung entgegenzuwirken und den Kopf frei zu bekommen basiert auf dem Zeigarnik Effekt, der auch in der Psychotherapie angewendet wird!
Der Zeigarnik Effekt
Berlin in den 1920er Jahren. Die russische Psychologin Bluma Zeigarnik sitzt in einem Café und stellt verwundert fest, dass sich der Kellner alle Bestellungen im Kopf merken kann – ohne sie aufzuschreiben. Er vergisst nichts und bringt alle Getränke zielstrebig an die richtigen Tische. Noch interessanter an dieser Beobachtung war jedoch, dass der Kellner erklärte, dass er – sobald er die Bestellung abgearbeitet hatte – sich nicht mehr erinnern könne, was er an welchen Tisch gebracht hatte.
Diese Beobachtung veranlasste Bluma Zeigarnik dazu ein Experiment an der Universität Berlin durchzuführen, bei dem die Probanden verschiedene Aufgaben erledigen mussten; bei manchen Aufgaben wurden sie unterbrochen, andere durften sie zu Ende bringen.
Es konnte gezeigt werden, dass wir uns besser an unterbrochene bzw. unfertige Aufgaben erinnern können, als an Aufgaben, die wir abgeschlossen haben.
Erklären lässt sich dieser Effekt damit, dass angefangene Aufgaben eine Spannung in unserem Gehirn aufbauen. Durch diese Spannung können wir einfach auf diese Aufgaben zugreifen; sie bleiben präsent und werden nicht in die “hinteren Ecken” unseres Kopfes verschoben. Sobald nun eine Aufgabe abgeschlossen ist, fällt diese Spannung ab und unser Gehirn “verschiebt” die Aufgabe in die Abstellkammer. Wenn wir aber bei einer Aufgabe unterbrochen werden, wir dieser Spannungsabbau verhindert und unser Gehirn kann diese Aufgabe nicht “aufräumen”.
In der Psychotherapie beispielsweise greift man gezielt auf diesen Effekt zurück, indem man “unerledigte Geschäfte” (unfinished business) aus der Vergangenheit noch einmal bearbeitet und damit abschließen kann. Dieses Abschließen soll zu dem oben beschriebenen Spannungsabbau führen und so zur seelischen Heilung beitragen.
Überspannung im Kopf – die negativen Auswirkungen des Zeigarnik Effekts
In vielen Situationen, wie etwa dem oben genannten Café-Beispiel, ist diese Funktionsweise unseres Gehirns ein echter Vorteil. Leider wird dies aber in der heutigen Zeit mehr und mehr zu einer Belastung für uns. Die Taktzahl unseres (Arbeits-)Lebens wird immer höher, Multitasking galt viel zu lange als erstrebenswert und die Unterbrechungen in unserem Alltag werden immer häufiger.
Je mehr Aufgaben wir nun aber parallel bearbeiten müssen, desto höher wird die Spannung in unserem Gehirn. Zu viele angefangene, aber nicht zu Ende gebrachte Aufgaben führen folglich zu einer “Überspannung” im Kopf!
Aufgaben die wir unterbrechen (ver-)kleben in unserem Kopf und führen zu “Überspannung”!
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Den Kopf frei bekommen und die Spannung reduzieren!
Um dieser “Überspannung” nun entgegenzuwirken solltest du zuerst einmal alle deine “losen Enden” aufschreiben! Leere also deinen Kopf, reduziere die Spannung und mache Platz für sorgfältig ausgewählte Aufgaben!
Dazu solltest du folgende Schritte durchlaufen:
- SCHREIBE DEINE LOSEN ENDEN AUF
Als erstes solltest du dir Zeit nehmen und alle Aufgaben – ob bereits angefangen oder nicht – aufschreiben. Dieses Vorgehen schafft Platz in deinem Kopf (und ist unter anderem einer der zentralen Punkte in “Getting Things Done” – wie du hier nachlesen kannst).
- UNTERSCHEIDE ZWISCHEN AUFGABEN- UND TO-DO-LISTE
Wichtig ist, dass du das gerade angelegte “Aufgaben-Sammelbecken” nicht mit deiner To-Do-Liste verwechselst! Aus dem gerade erstellten Aufgaben-Sammelbecken solltest du nämlich nun bewusst und mit bedacht einzelne Aufgaben in deine To-Do-Liste für den aktuellen Tag übertragen.
- BEENDE DIE (OFT UNZÄHLIGEN) ANGEFANGENEN AUFGABEN
Nachdem du dir einen Überblick über deine Aufgaben verschafft hast, solltest du zuerst die noch offenen, bereits begonnenen Aufgaben abschließen. Damit kannst du die Spannung in deinem Kopf reduzieren! Erst dann solltest du neue Aufgaben aus dem Aufgaben-Sammelbecken beginnen.
- SETZE DIR EIN LIMIT FÜR ANGEFANGENE AUFGABEN
Wichtig ist, dass du dir ein Limit für angefangene Aufgaben setzt. Dieses Prinzip kennt man aus Kanban als “Work in Progress”-Limit. Damit begrenzt du nicht nur aktiv die maximale Spannung, die du durch angefangene Aufgaben in deinem Gehirn erzeugst; du reduzierst auch die Wahrscheinlichkeit in Multitasking zu verfallen und bleibst so produktiver!
- BEENDE MÖGLICHST ALLE AUFGABEN BEVOR DU FEIERABEND MACHST
Wenn du manchmal Schwierigkeiten mit dem Abschalten hast und oft – zumindest gedanklich – Arbeit mit nach hause nimmst, dann solltest du zudem versuchen möglichst alle angefangenen Aufgaben zu beenden bevor du in den Feierabend gehst. Ansonsten bleibt die Zeigarnik-Spannung ja erhalten und du gehst sozusagen “geladen” in den Abend. Teile also umfangreiche Aufgaben in kleinere (und vor allem abschließbare) Arbeitsabschnitte auf und beginne eine Aufgabe, die beispielsweise vier Stunden dauern wird nicht, wenn du nach zwei Stunden Feierabend haben willst!
Mit diesen kleinen, aber wirkungsvollen Schritten, kannst du den Zeigarnik Effekt aktiv für dich nutzen, um weniger “unter Strom” zu stehen und so besser und erholsamer abschalten zu können!
In diesem Sinne erfolgreiche Projekte!
Ein Kommentar zu “Besser Abschalten und den Kopf frei kriegen (mit dem Zeigarnik Effekt)!”
Hallo Fabian,
interessant. Den Zeigarnik-Effekt kannte ich, zumindest in dieser Form, noch nicht.
Wir hatten es aber schon mal über das Thema: Stop starting, start finishing! Das finde ich mit am wichtigsten, damit einem nicht irgendwann der Kopf platzt. Das Vorgehen macht ja auch wirtschaftlich Sinn. Fertiges ist fakturierbar, unfertiges nicht.
Ich mache es genau so, wie du beschreibst. Ich führe einen Themenspeicher (einen Backlog), aus dem ich dann nach Prioritäten die To Do Liste erzeuge. Ich benutze dafür ganz gerne OneNote von Microsoft.
Wie machst du das?
Grüße
Sven