So wie die richtige Diagnose eines Arztes die Grundlage für die Auswahl der passenden Behandlung ist, so ist auch die richtige Einstufung eines Vorhabens als Projekt die Grundlage für die richtige Anwendung von Projektmanagement-Methoden.
Denn einer der wesentlichen Faktoren für den Projekterfolg liegt schon ganz am Anfang eines Projektes. Es geht um die bewusste, klare und richtige Entscheidung, ob es sich bei dem anstehenden Vorhaben um ein Projekt handelt (oder nicht)? Denn nur projektwürdige Vorhaben sollten auch mit Projektmanagement-Methoden und -Strukturen umgesetzt werden.
Warum die richtige Verwendung des Begriffs “Projekt” so wichtig ist und was ein Projekt ist (und was kein Projekt ist), erfährst du hier.
Projekte sind auf dem Vormarsch (und darunter befinden sich leider auch viele falsche Projekte)
Mit dem Begriff des “Projekts” wird leider oft sehr sorglos umgegangen. Zwar ist der seit Jahren ungebrochene Trend hin zu mehr Projekten grundsätzlich zu begrüßen. Aber gleichzeitig führt das in vielen Fällen auch dazu, dass vieles als Projekt bezeichnet wird, was eigentlich nicht projektwürdig ist. Doch warum stellt das ein Problem dar?
Es gibt mehrere Gründe, warum ein zu sorgloser Umgang mit dem Begriff “Projekt” Probleme verursacht:
- Projektmanagement-Methoden werden zur falschen Zeit angewendet
Entweder werden Projektmanagement-Methoden in Situationen angewendet, für die sie gar nicht gedacht sind. In solchen Fällen können sie dann ihre Wirkung auch gar nicht richtig entfalten. Und im schlimmsten Fall macht man sich damit unnötige Arbeit, die leider oft dazu führt, dass das Vertrauen in die Wirksamkeit von Projektmanagement-Methoden sinkt. - Projektmanagement-Methoden werden nicht angewendet
Oder: Viele Vorhaben werden zwar als Projekt bezeichnet, dann aber ohne spezielle Projektmanagement-Methoden umgesetzt – was bei diesen Vorhaben ja auch gar nicht nötig ist. Als Konsequenz führt das aber leider häufig auch dazu, dass man dann auch die wirklichen Projekte ohne eine spezielle Vorgehensweise umsetzt. Das führt wiederum oft zu (dem vorhersehbaren) Chaos und schlechten Ergebnissen. Auch hierin liegt einer der Gründe für eine oft ablehnende Haltung gegenüber Projektmanagement-Methoden.
Aber genauso wie man eine Behandlung nicht für ihre “Unwirksamkeit” bei falscher Anwendung verantwortlich machen kann, verhält es sich auch in Projekten bzw. nicht Projekten. Nur wer in den richtigen Situationen die passenden Methoden anwendet, kann auch auf gute Ergebnisse hoffen.
Was ist ein Projekt?
Was zeichnet nun aber ein Projekt, das auch mit Projektmanagement-Methoden bearbeitet werden kann (und sollte), aus?
Nach DIN 69901 ist ein Projekt definiert als ein „Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z. B.: Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen, projektspezifische Organisation.“
Faktoren eines Projekts
Schauen wir uns also die einzelnen Faktoren etwas genauer an:
Einmaligkeit (der Bedingungen in ihrer Gesamtheit)
Über den Faktor der Einmaligkeit können Projekte von Routineaufgaben abgegrenzt werden. Hierbei ist es aber wichtig auf den Zusatz “Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit” zu achten.
Denn mit Einmaligkeit ist nicht gemeint, dass das Vorhaben “Geburtstagsparty” kein Projekt sein könnte, nur weil du es jedes Jahr – und damit ja mehr als einmal – durchführen willst.
Die Einmaligkeit der “Geburtstagsparty” ist dadurch gegeben, dass keine Party genau gleich sein soll, wie eine vorherige. Es werden sich ja beispielsweise die Gäste, das Menü oder auch der Ort wo du feierst immer wieder ändern. Und genau das ist mit “Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit” gemeint.
Schauen wir uns nun aber die anderen Faktoren an, die zu dieser Einmaligkeit beitragen:
Zielvorgabe
Jedes Projekt braucht eine klare Zielvorgabe. Um eine Abgrenzung zu Routine-Aufgaben vornehmen zu können, sollte das Projektziel auch eine gewisse Einmaligkeit in sich tragen. So ist beispielsweise das morgendliche Kaffe kochen noch kein Projekt. Wenn du aber für eine bestimmte Kaffeebohne mit einer speziellen Siebträgermaschine die optimale Zubereitungsart herausfinden willst, dann kann man das als Projekt bezeichnen.
Dauer des Projekts (zeitliche Begrenzung)
Ein Projekt ohne zeitliche Begrenzung ist kein Projekt, sondern meist Teil des Alltagsgeschäfts. Nur wenn du also ein bestimmtes Ziel zu einem bestimmten Termin erreichen willst, kannst du auch von einem Projekt sprechen.
Kosten des Projekts (finanzielle Begrenzung)
Gleiches gilt für die finanziellen Mittel, die dir für das Projekt zur Verfügung stehen. Denn wenn dir beispielsweise keine finanziellen Grenzen gesetzt sind, dann ist es auch schwierig später den Projekterfolg zu bestimmen.
Das Magische Dreieck (als Projektmanagement Basiscs Video)
Diese ersten drei Faktoren – also Leistung, Kosten und Zeit – werden auch als magisches Dreieck des Projektmanagements bezeichnet. Mehr zum Magischen Dreieck findest du im hier im Projektmanagement Basics Video über das Magische Dreieck.
Anzahl der beteiligten Personen (personelle Begrenzung)
Ein weiterer Faktor, der für die Projektwürdigkeit mitentscheidend ist, sind die daran beteiligten Personen. Zwar kannst du natürlich auch ein Vorhaben an dem nur du beteiligt bist mit Projektmanagement-Methoden umsetzen, aber normalerweise spricht man erst von einem Projekt, wenn mehrere Personen daran beteiligt sind, die interdisziplinär zusammenarbeiten.
Komplexität des Vorhabens
Je mehr die oben genannten Faktoren für ein Projekt sprechen, desto komplexer ist dieses Vorhaben dann auch. Und damit ist die Komplexität meist auch ein guter Indikator für die Projektwürdigkeit eines Vorhabens. Zwar gibt es auch komplexe Routineaufgaben, aber je komplexer ein Vorhaben ist, desto wahrscheinlicher kann es auch als Projekt angesehen werden.
Abgrenzungen gegenüber anderen Vorhaben
Die klare Abgrenzung zu anderen Vorhaben ist ein weiterer wichtiger Faktor für ein Projekt. Nur so kannst du auch das Magische Dreieck im Griff behalten. Denn wie willst du beispielsweise den Aufwand innerhalb deines Projektes begrenzen, wenn du nicht klar sagen kannst, was eigentlich alles dazu gehört (und was nicht mehr Teil des Projekts ist)?
Projektspezifische Organisation
Projekte werden in speziellen Projektorganisationen – außerhalb der normalen Organisations-Linien – umgesetzt. Das ist u.a. deshalb notwendig, weil der Projektleiter ja die Verantwortung für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts trägt und dafür mit besonderen Befugnissen ausgestattet sein muss. So bekommt ein Projektleiter beispielsweise Weisungsbefugnis gegenüber Mitarbeitern, die er außerhalb des Projekts so nicht hat.
3 Projektorganisationen, die du für ein erfolgreiches Projektmanagement kennen solltest!
Die Projektorganisation ist (mit-)entscheidend darüber, ob dein Projekt erfolgreich sein wird oder ob du mit vielen (strukturellen) Problemen zu kämpfen haben wirst. Hier findest du eine Übersicht über die drei wichtigsten Projektorganisationsformen, damit du für dein Projekt die optimale Organisationsform auswählen kannst!
Fazit: Was ist ein Projekt? – Eine bewusste Entscheidung ist wichtig!
Du siehst also, dass es viele Faktoren gibt, die für die Projektwürdigkeit eines Vorhabens ausschlaggebend sind. Und damit gibt es meist auch keine eindeutigen Entscheidungen. Denn was du beispielsweise noch nicht als Projekt bezeichnen würdest, sehen andere schon als ein solches an.
Viel wichtiger als die Eindeutigkeit, ist aber dass die Entscheidung immer bewusst getroffen wird – mit allen dazugehörigen Konsequenzen. Zudem ist es wichtig, dass innerhalb einer Organisation eine einheitliche Zuordnung besteht. Denn nur so kann sich auch eine einheitliche Projektkultur entwickeln.
Zum Abschluss aber noch ein weiterer Hinweis: Auch wenn du anhand der oben genannten Faktoren eigentlich zu dem Schluss kommst, dass es sich um ein “Nicht-Projekt” handelt, kannst du dich dazu entscheiden es mithilfe von Projektmanagement-Methoden umzusetzen; aber das solltest du dann auch bewusst so entscheiden.