Der kritische Pfad in deinem Projekt

Fabian WalterPrioritäten, ZeitmanagementHinterlasse einen Kommentar

Dieser Artikel ist Teil 3 von 3 der Serie Terminplanung im Projekt

Letzte Woche haben wir ermittelt, wie lange dein Projekt dauern wird. Heute schließen wir das Thema Terminplanung im Projekt ab, mit der Antwort auf die Fragen:

  • “Was ist eigentlich der kritische Pfad?” und
  • “Warum ist er so enorm wichtig?”

 

Der kritische Pfad

Wenn du jetzt an enge Wanderpfade und an steil abfallende Abhänge denkst, dann liegst du gar nicht so falsch. Vor allem dann nicht, wenn du dir den Weg zum Projektabschluss als diesen Wanderweg vorstellst. Denn dein Projekt würde – wenn du diesen Pfad verlässt – einfach in den Abgrund stürzen. 🙂

Der kritische Pfad ist einer der wichtigsten Begriffe aus der Projekt-Terminplanung. Leider fällt mir aber immer wieder auf, dass in vielen Projektteams keine Klarheit über den “kritischen Pfad” besteht. Das ist auch deshalb erstaunlich, weil sich hinter diesem Begriff gar nichts kompliziertes versteckt:

DEFINITION: KRITISCHER PFAD
Der kritische Pfad, ist derjenige Weg durch einen Netzplan:

  • der die Mindestprojektdauer bestimmt,
  • dessen Aufgaben voneinander abhängig sind und
  • dessen Aufgaben keinen zeitlichen Puffer haben.

Diese Definition zeigt dir, warum der kritische Pfad in deiner Projekt-Terminplanung so enorm wichtig ist: Da die Aufgaben auf diesem Pfad keinen zeitlichen Puffer haben, darf es auch keinerlei Verzögerungen geben, denn sonst würde sich die Projektlaufzeit automatisch verlängern! Um im Bild des “engen Wanderpfades” zu bleiben: dein Projekt würde also den Abhang hinunter stürzen.

Um nun den kritischen Pfad zu bestimmen, musst du zuerst die Puffer deiner Aufgaben berechnen. Hierzu musst du zuerst die späteste Endzeit (SEZ) und die späteste Anfangszeit (SAZ) ermitteln. Glücklicherweise unterscheidet sich das gar nicht so sehr von der Ermittlung der frühesten Anfangszeit (FAZ) und der frühesten Endzeit (FEZ) – die wir im letzten Artikel besprochen haben.

 

Späteste Endzeit (SEZ) des letzten Vorgangs

Um die frühesten Anfangs- und Endzeiten der einzelnen Aufgaben zu ermitteln haben wir letzte Woche den Netzplan von links nach rechts durchlaufen. Wir sind also vom Anfang des Projektes zum Ende gegangen.

Für die späteste Endzeit (SEZ) einer Aufgabe gehen wir nun den entgegengesetzten Weg. Wir rechnen also das Projekt von hinten nach vorne durch.

Starten wir mit der letzten Aufgabe in deinem Projekt. Die späteste Endzeit dieser Aufgabe ist natürlich identisch mit deiner Projektdauer, denn spätestens dann soll dein Projekt ja abgeschlossen sein. Die Projektdauer haben wir zum Glück letzte Woche schon ermittelt.

BEISPIEL-PROJEKT
In unserem Beispiel liegt die Projektdauer bei 23 Minuten. Deshalb liegt die späteste Endzeit der Aufgabe J (dem Essen anrichten) bei 23 Minuten.

 

Späteste Anfangszeit (SAZ)

Nun können wir ganz leicht auch die späteste Anfangszeit für den Vorgang J berechnen.

DEFINITION: SPÄTESTE ANFANGSZEIT (SAZ)
Die späteste Anfangszeit ist die späteste Endzeit minus der Dauer des Vorgangs. Also SAZ = SEZ – Dauer.
BEISPIEL-PROJEKT
In unserem Beispiel-Projekt hat der letzte Vorgang J (das Essen anrichten) eine Dauer von 2 Minuten. Wenn wir unser Projekt nach 23 Minuten abgeschlossen haben wollen, dann müssen wir den Vorgang J spätestens nach 21 Minuten – also SEZ(23) – Dauer(2) – beginnen.

 

Späteste Endzeit (SEZ) der anderen Vorgänge

Dass der späteste Endzeitpunkt unseres letzten Vorgangs gleich der Projektdauer ist, haben wir erkannt. Für die anderen Vorgänge folgt nun:

DEFINITION: SPÄTESTE ENDZEIT (SEZ)
Die späteste Endzeit ist die minimale späteste Anfangszeit der Vorgängerknoten. Also SEZ = min. SAZ der Vorgänger.

Was zuerst etwas kompliziert klingt, ist eigentlich ganz einfach. Denn hier greift das gleiche Prinzip, wie letzte Woche bei der frühesten Anfangszeit.

BEISPIEL-PROJEKT
Netzplan - 07 - Netzplan - Koch-Projekt

Zur Erinnerung: Wir gehen unser Projekt gerade von hinten (rechts) nach vorne (links) durch. Hierbei sehen wir, dass die Vorgangsknoten C, H und I haben jeweils nur den Knoten J als “Vorgänger” haben. Deshalb liegt die späteste Endzeit all dieser Knoten bei 21 Minuten (also der spätesten Anfangszeit von Vorgang J).

Wenn wir uns jedoch den Vorgang G ansehen, dann haben wir hier zwei “Vorgänger”: die Knoten H und I.

  • Die SAZ von Knoten I liegt bei 20 Minuten – also dessen SEZ(21) – die Dauer(1)
  • Die SAZ von Knoten H liegt bei 6 Minuten – also dessen SEZ(21) – die Dauer (15)

Da die Vorgänge H (Soße einkochen) und I (Gewürze hinzugeben) von Vorgang G (Tomaten hinzufügen) abhängig sind und erst nach dessen Ende beginnen können, bedeutet dies für G, dass seine späteste Endzeit bei 6 Minuten – also der minimalen spätesten Anfangszeit seiner “Vorgänger” (in diesem Fall von Knoten H) liegt.

Wenn wir die SAZ und die SEZ unseres Beispiel-Projektes berechnen, ergibt sich folgendes Bild:
Netzplan03 - 01 - SAZ und SEZ

 

Puffer einer Aufgabe

Nachdem wir nun die frühesten sowie spätesten Anfangs- und Endzeiten aller Vorgangsknoten berechnet haben, bleibt uns noch die Ermittlung der Aufgabenpuffer. Erst dann können wir den kritischen Pfad erkennen.

DEFINITION: PUFFER EINER AUFGABE
Der Puffer einer Aufgabe ist die späteste Anfangszeit – die früheste Anfangszeit. Also PUFFER = SAZ – FAZ.

Das ist auch logisch, denn wenn wir eine Aufgabe beispielsweise frühestens nach 5 Minuten beginnen können, sie spätestens aber nach 8 Minuten beginnen müssen, dass sie noch rechtzeitig beendet werden kann, dann haben wir einen Puffer für diese Aufgabe von SAZ(8) – FAZ(5) = 3 Minuten.

BEISPIEL-PROJEKT
Für unser Beispiel-Projekt (dem Mittagessen) ergeben sich also folgende Puffer:
Netzplan03 - 02 - Puffer

 

Bestimmung des kritischen Pfades

Um den kritischen Pfad zu erkennen, müssen wir jetzt einfach unseren Netzplan von links nach rechts durchgehen und immer nach den voneinander abhängigen Aufgaben suchen, die keinen Puffer haben.

BEISPIEL-PROJEKT
In unserem Beispiel-Projekt geht das wie folgt:
Netzplan03 - 02 - Puffer

  • Aufgaben A und D können zum Zeitpunkt “0” starten. Da Aufgabe D keinen Puffer hat, beginnt der kritische Pfad hier.
  • Vergleichen wir die Knoten E und F, erkennen wir, dass F keinen Puffer hat.
  • Weiter geht es mit G, der natürlich ebenfalls keinen Puffer hat.
  • Und dann über H nach J.

Netzplan03 - 03 - Kritischer Pfad

Jetzt weißt du, dass es bei diesem kritischen Pfad – also den Aufgaben D, F, G, H und J – keinerlei Verzögerung geben darf, sonst wird dein Essen nicht nach 23 Minuten fertig.

 

Fazit

Im ersten Teil der Serie haben wir:

  • eine Vorgangsliste erstellt,
  • die Aufgabendauer geschätzt und
  • den logischen Ablauf des Projektes geplant.
  • Damit haben wir dann einen Netzplan erstellt.

Hier kannst du das alles nochmal nachlesen.

 

Im zweiten Teil haben wir:

  • die frühesten Anfangszeiten (FAZ),
  • die frühesten Endzeiten (FEZ) und damit
  • die Projektdauer berechnet.

Hier kannst du das alles nochmal nachlesen.

 

Und heute – im letzten Teil – haben wir dann:

  • die späteste Anfangszeit,
  • die späteste Endzeit sowie
  • die Puffer der verschiedenen Aufgaben ermittelt und
  • so den kritischen Pfad bestimmt.

Mit diesen Informationen weißt du jetzt genau, wo in deinem Projekt welche Zeitpuffer vorhanden sind und bei welchen Aufgaben du ganz genau darauf achten musst, dass sie rechtzeitig begonnen und beendet werden. Mit diesem Wissen steht einem entspannt(er)en und vor allem rechtzeitigen Projektende nichts mehr im Wege!

In diesem Sinne: Viel Spaß bei deinen Projekten!

Bildquelle (Titelbild): Morguefile.com – clarita (http://claranatoli.blogspot.com/)


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