Die Konkurrenz in deinem Umfeld ist groß. Du versuchst ständig besser zu sein als deine Mitbewerber. Du erschaffst immer bessere Produkte und Dienstleistungen und mit viel Anstrengung kannst du deinen Konkurrenten Marktanteile streitig machen und Kunden “abwerben”. Du bist also konkurrenzfähig!
Was wäre nun aber, wenn ich dir sage, dass du mit dieser Strategie zwar effizient, aber wahrscheinlich nicht wirklich effektiv bist? Effizientes Arbeiten – also das gewünschte Ergebnis mit möglichst geringem Aufwand erreichen – ist natürlich ein guter erster Schritt auf diesem Weg. Wie steht es aber um deine Effektivität? Ist das Ziel das du anstrebst – also besser zu sein als deine Konkurrenz – auch wirklich das Richtige?
Was wäre, wenn dein Ziel nicht “besser als die Konkurrenz”, sondern “ohne Konkurrenz” lauten sollte?
Schon früh in unserem Leben werden wir an ein ständiges Konkurrenzdenken herangeführt: Wir wollen die größere Sandburg bauen, messen uns anhand unserer Schulnoten und wollen das schnellere Auto, den besseren Job oder das größere Haus. Wir sind es also gewohnt in einem Umfeld größter Konkurrenz zu leben und ver(sch)wenden viel Energie dafür, besser als die Anderen zu sein. Diese Situation kann auch als “Red Ocean” (rotes Meer) bezeichnet werden: In diesem übersättigten Markt streiten sich viele Haie um wenige Fische.
Aber ist diese ständige Fokussierung auf Konkurrenz wirklich nötig? Wie wäre es, wenn du aus dem konkurrenzgeladenen “Red Ocean” ausbrechen könntest und in frisches, blaues Wasser eintauchen könntest? Wie wäre es, wenn du dich in einem “Blue Ocean” – in dem es wenig bis keine Konkurrenz gibt – frei bewegen könntest?
Blue Ocean – Wie man neue Märkte schafft, wo es keine Konkurrenz gibt
Hier kommt die “Blue Ocean Strategie*” ins Spiel: Sie basiert auf der Annahme, dass sich erfolgreiche Unternehmen nicht an ihren Wettbewerbern orientieren, sondern eigene innovative Wege gehen, um damit neue und bisher unerschlossene Märkte mit wenig (oder keiner) Konkurrenz erschaffen.
Geht nicht? Geht doch! 🙂
Beispiel: Apple
Viele von uns können es sich fast nicht mehr vorstellen, aber bevor Apple das iPhone auf den Markt gebracht hat, galt der Handymarkt als gesättigt. Es gab keine bis wenig Innovation und Nokia dominierte diesen Markt. Doch dann präsentierte Apple ein Handy, das keine Tasten mehr hatte, über einen Touchscreen zu bedienen war und auf dem man nach belieben Apps installieren konnte. Was heute wieder ein gesättigter Markt mit viel Konkurrenz ist (“Red Ocean”), war damals revolutionär und schuf einen neuen Markt völlig ohne Konkurrenz (“Blue Ocean”). Apple wurde damit von einem Nischenplayer zum wertvollsten Unternehmen der Welt!
Beispiel: Nespresso
Ein weiteres Beispiel sind die Kapsel-Maschinen von Nespresso. Heutzutage stehen diese oder ähnliche Maschinen in fast jeder (zweiten) Küche. Doch bevor wir Kaffee in vorportionierten Einzel-Kapseln kaufen konnte, haben wir meist mit unseren Filtermaschinen eine ganze Kanne Kaffee gemacht. Für viele heute fast unvorstellbar…
Beispiel: Yellow Tail Wine
Die australische “Casella Winery” positionierte sich 2001 auf dem stark umkämpften us-amerikanischen Weinmarkt als einfache Alternative zu teuren Weinen einerseits und den Anbietern billiger Weine andererseits. Mit ihrem “Yellow Tail”-Wein eröffnete sie somit einen bisher unerschlossenen Markt, der neue Kunden – die bisher eher Biertrinker waren – ansprach. Damit wurde sie durch eine “Blue Ocean Strategie” von einem kleinen australischen Weingut zu einem der profitabelsten Unternehmen der gesamten Weinindustie.
Die Blue Ocean Strategie
Wie geht man bei der Blue Ocean Strategie* vor?
Werte-Innovation
Bei der Schaffung neuer Märkte dreht sich alles um die sogenannte Werte-Innovation. Ausgangspunkt hierfür ist meist die Reduktion von Kosten mit gleichzeitiger Steigerung des Kundennutzens.
Die Wertekurve
Als ersten Schritt sollte man deshalb die sogenannte Wertekurve eines bestehenden Marktes analysieren. Im “Yellow Tale”-Wein-Beispiel waren die relevanten Faktoren u.a. der Preis, die Nutzung von Fachbegriffen, das Marketing, das Alter und die Komplexität des Weins sowie das Sortiment.
Für teure Weine sind diese Werte traditionell durchweg hoch; bei billigen Anbietern liegt der Preis meist niedrig und die restlichen Werte bewegen sich im Mittelfeld.
Neubewertung der Kernelemente
Der nächste Schritt der Blue Ocean Strategie ist nun die Neubewertung dieser Kernelemente. Hierfür gibt es vier Strategien:
- Eliminierung (Welche Faktoren können/müssen weggelassen werden)?
Bei Yellow Tail-Wein wurden beispielsweise die komplizierten Fachbegriffe – die viele potenzielle Kunden abschreckten – eliminiert. Eine einfache Sprache machte den Weg frei zu neuen Kunden (die bisher keinen Wein tranken). Damit konkurrierte die “Casella Winery” nicht mehr um ein möglichst großes Stück des Kuchens, sondern schuf sich einfach einen “neuen Kuchen”.
- Reduzierung (Wo kann stark vereinfacht oder gekürzt werden?)
Neben der Eliminierung der Fachbegriffe, wurde auch die Auswahl an Weinen drastisch reduziert. So wurden zur Markteinführung nur ein Rotwein und ein Weißwein angeboten. Zudem wurden – um Kosten zu reduzieren – für beide Weine die identische Flaschenform verwendet. Das war bis dahin unüblich.
- Steigerung (Was muss gesteigert werden?)
Die dritte Strategie ist die Steigerung: Der Yellow Tail Wein wurde zu einem leicht höheren Preis (im Vergleich zu den Billig-Weinen) angeboten. Zudem wurde angestrebt eine gesteigerte Präsenz in “normalen Ladengeschäften” zu erreichen.
- Kreierung (Was muss neu erfunden/geschaffen werden?)
Ein wichtiger Faktor, der zum Erfolg beigetragen hat, war die Positionierung des Yellow Tail Weins als leicht zu trinkender Alltagswein. Hierdurch sprach er Kunden an, die bisher eher zum (täglichen) Bier gegriffen hatten. Zudem wurde – durch die oben genannte Reduzierung auf einen Rot- und einen Weißwein – eine einfache Auswahl geschaffen. Sie ermöglichte Neukunden den leichten “Einstieg”.
Wie bereits oben angesprochen, schuf sich die “Casella Winery” mit der Blue Ocean Strategie* (und den damit verbundenen Maßnahmen: Eliminierung, Reduzierung, Steigerung und Kreierung) einen neuen Markt und Yellow Tail wurde so schnell zum meistverkauften Rotwein in den USA.
Auch die anderen genannten Beispiele zeigen, dass unser alltäglicher Konkurrenzkampf nicht immer die “smarteste” Lösung sein muss. Oft ist das Erschaffen neuer Märkte viel erfolgsversprechender!
In diesem Sinne wünsche ich dir erfolgreiche Projekte mit der Blue Ocean Strategie!
Ein Kommentar zu “Blue Ocean Strategie – Wie man neue Märkte schafft, wo es keine Konkurrenz gibt”
Hi Fabian,
heute mal etwas Off-Topic. Aber trotzdem ein netter Artikel, gut aufbereitet.
Weitere Beispiele für erfolgreiche Blue Oceans sind Cirque du Soleil und the Bodyshop. Insbesondere den Cirque du Soleil finde ich interessant. Letztendlich machen die nichts Neues. Der einzige Unterschied zu klassischer Artistik und Zirkus ist nur, dass keine Stars geformt werden, keine Tiere beteiligt sind und das Ganze mit Live-Musik begleitet wird. Ein geniales Konzept, was durch die fehlenden Stars, beliebig skaliert werden kann. Ich war selbst auch mal bei einer Aufführung, sehr sehenswert.
Grüße
Sven